Die neue Telefon-Kontakt-Möglichkeit hat bereits interessante Ergebnisse geliefert – z.B. einen Bericht einer Patientin von 2019 – hier anonymisiert mit Erlaubnis zur Veröffentlichung für alle Interessierten:
Liebe/r Interessierte
Vorab: Dies ist ein persönlicher Bericht über meine Genesungsgeschichte, ohne Anspruch
auf Vollständigkeit oder medizinisch korrekte Termini.
Ich bin 51 Jahre alt, verheiratet, habe zwei Kinder und kam mit einem Nabelbruch auf die
Welt. Er machte sich dadurch bemerkbar, dass sich der Nabel in meiner Kindheit nach
außen stülpte, was mich nicht störte. Mit ungefähr 30 Jahren bereitete mir diese Hernie
Beschwerden an der Bauchwand. Sie wurde in einer zehnminütigen Operation in Heidelberg
ohne Komplikationen mittels Netz geschlossen.
Des Weiteren wurde ich mit einer Hüftdysplasie geboren, sie blieb unbehandelt und führte zu
einer Coxarthrose, so dass ich wegen der beginnenden Einschränkungen kurze Zeit später
eine Operation meiner rechten Hüfte in Erwägung zog.
Da man mir in Heidelberg jedoch dazu riet, zunächst meinen Kinderwunsch zu erfüllen und
erst danach eine Operation evt noch ohne Einsatz eines künstlichen Hüftgelenks
durchzuführen, wartete ich einige Jahre ab. In der Zwischenzeit schwankten die
Beschwerden rund um die Hüftgegend, ich hinkte mal mehr mal weniger, mal mit mal ohne
Schmerz, abhängig vom Körpergewicht und sonstiger Alltagsbelastung.
Während dieser Jahre hatten sich Leistenhernien gebildet. Ich hatte sie beidseitig. Die
Beulen in meiner Leistengegend blieben schmerzfrei und ließen sich problemlos wieder ins
Innere hineindrücken und waren somit aus meinem Blickfeld. Es gruselte mich einerseits,
und andererseits hatte ich genügend anderes um die Ohren, Studienabschluss,
Referendariat, später meine beiden Kinder, kurz: Ich verdrängte und vernachlässigte das
Problem, solange es sich nicht für einen kurzen Moment offenbarte. Ich fand den
medizinischen Begriff „Watchful Waiting“ recht treffend.
Um meine Hüftproblematik mit nunmehr 43 Jahren ohne spätere Komplikationen anzugehen,
ließ ich vorher „noch schnell“ die beiden Leisten laparoskopisch in einem Zug operieren. Ich
lebte inzwischen mit meiner Familie in Frankfurt und ließ die Operation dort vornehmen.
Ich hatte Pech, es kam zu Komplikationen. Nach einer Bauchfellvereiterung mit Fistelbildung
und anstrengendem Genesungsprozess 2017 entwickelte sich im Folgejahr eine
Bauchdeckenhernie. Diese wuchs an und war als faustgroße Vorwölbung im Nabelbereich
zu sehen, obgleich ich mich an alle Vorgaben bezüglich der Schonung meiner Bauchdecke
gehalten hatte.
Es war irritierend, fast so, als wäre ich im mittleren Stadium einer unförmigen
Schwangerschaft.
Rückfragen bei meinem Hausarzt dazu ergaben – Zitat – „Das ist so hässlich, so wollen Sie
doch nicht ernsthaft herumlaufen.“ Er wollte den Bauch noch nicht einmal abtasten.
Auf die Frage, ob eine Behandlung medizinisch indiziert sei, wurde dies jedoch klar verneint.
Mit seiner Ansicht war er nicht allein und die Idee einer erneuten Bauch-OP gefiel mir nicht.
So endete ich erst bei einem Schönheitschirurgen, als eine gute Freundin,
Intensivschwester, nicht locker ließ und mich darum bat, eine Behandlung anzugehen trotz
meines großen mentalen Widerstands, zumal mir kein Arzt eine Notwendigkeit bescheinigte
und die OP in den Augen anderer scheinbar nur optischen Zwecken dienen sollte.
Ihr geschulter Blick jedoch erkannte stetiges Wachstum dieser Lücke, durch die sich meine
Innereien drängten.
Bei Vorstellung bei besagtem Schönheitschirurgen hieß es jedoch, dass die Krankenkasse
nur eine einstündige OP bezahlen und ich mit zwei Kathetern entlassen würde, die ein
weiteres Infektionsrisiko darstellten.
Danach hätte ich zwar keine Beule mehr und eine glatte Bauchdecke, aber zwei Narben,
ähnlich einem übergroßen Kaiserschnitt und eine Bauchdecke ohne Bauchnabel. Ich hatte
erhebliche Zweifel, was Kosten und Nutzen dieser Angelegenheit anging.
Eine Psychologin, die ich zu Rate zog und meine Freundin rieten mir unabhängig
voneinander, mich zur Einholung einer Zweitmeinung zu den Ursprüngen meiner
erfolgreichen Bauchnabel-Hernien-OP zurück nach Heidelberg zu begeben.
Ich hatte das große Glück, dass zu diesem Zeitpunkt in Heidelberg das GRIP-Konzept
entwickelt wurde und just im Jahr 2019 eine Studie begann und ich als Probandin infrage
kam.
Äußerlich erschien meine Bauchdeckenhernie gemessen etwa 5-7 × 7-9 cm groß.
Aufgrund der ausführlichen Erklärungen fasste ich Vertrauen und wurde im April 2019 in der
Lehrklinik Eberbach, Außenstelle der Uniklinik Heidelberg, operiert.
Es wurde ein Netz im Format 17 × 30 cm eingebracht, getackert und genäht. Bei meiner
Größe von 162 cm bedeutete das ein Ausmaß vom Brustbein bis zum Schambein und bis zu
beiden Rippenbögen. Statt jedoch einen gleichermaßen großen Schnitt durchzuführen,
bewerkstelligte das Team diese Prozedur durch einen viereinhalb Zentimeter großen Schnitt
über meinem Bauchnabel, der mitsamt meiner Bauchdecke rekonstruiert wurde.
Der Chirurg hatte mich abends zuvor gefragt, wie alt meine Kinder seien und beschlossen,
den großen Aufwand eines kleinen Schnitts in Kauf zu nehmen: Sie sollten sich nicht vor
ihrer Mutter gruseln.
Ich bin nicht immer sehr eitel, aber es hat mir mental ein besonderes Stück Lebensqualität
erhalten.
In den ersten zehn Wochen trug ich regelmäßig, anfangs tags und nachts ununterbrochen,
ein Klettkorsett, doch schon in Woche elf konnte ich wieder Fahrrad fahren und wurde
langsam „flügge“. Schmerzmittel benötigte ich nur die allerersten Tage.
Bauchmuskeltraining ist mir nach wie vor untersagt, Aquajogging wird mir bis heute
empfohlen. Ich meldete mich im Frühjahr 2020 während der Coronazeiten im leeren
Fitnessstudio an, wo ich ein kleines Schwimmbecken zur Verfügung hatte. Im Studio selbst
ging ich mit Maximalsteigung einige Minuten auf dem Laufband, behutsam aber stetig der
Hüfte wegen um meine Ausdauer zu trainieren, nutzte ein Gerät zur Rumpfstabilisierung, das
mit Slack Lines bestückt war und lernte Kraulschwimmen, denn das Aquajoggen warnichts,
was ich allein und beständig machen wollte. Das Kraulschwimmen wollte ich sowieso immer
mal gelernt haben, es trug zu einer besonderen Ausdauer unter Wasser bei, dazu fühlte ich
eine besondere tiefe Ruhe, wenn ich abtauchte, bis zu 4 x wöchentlich für 1 Stunde.
Anfängliche Panikattacken, die mich nach meiner unglücklichen Leistenerfahrung hin und
wieder überfielen, verschwanden nach und nach ebenso wie kurze Schmerzmomente im
Bauchraum, die mich zunächst sofort beunruhigten. Der Heilungsprozess verlangt Geduld,
das gilt auch für den massiven Stress und die Todesangst begleitet von geradezu
vernichtenden Schmerzen im Nachgang der Leisten-OP, davon muss sich auch die Psyche
erholen. Mit jedem Monat nach der Bauchdecken-OP fühlte ich mich jedoch wieder sicherer.
Seit der OP nach dem GRIP-Konzept sind nun acht Jahre vergangen, ich kann mich
schmerzfrei in alle Richtungen bewegen. Ich mache keine Maximalbewegungen mehr, weil
mich meine Hüfte (noch) daran hindert. Durch die Bauchdecke erfahre ich keine gefühlte
Einschränkungen.
Im Gegenteil, seit fünf Jahren kraule ich mehr oder minder regelmäßig, kann dabei
abschalten, baue Krafttraining ein und bin sogar noch einige Zeit fast täglich eine Runde
joggen gegangen, bis mich wohl hüftbedingt doch ein Bandscheibenvorfall ereilt hat.
Jetzt ist die Hüfte dran und ich bleibe zuversichtlich.
Die Hernienbehandlung an der Bauchdecke hat mir das Leben gerettet, ein Durchbruch wäre
nur eine Frage der Zeit gewesen.
Sie hat mir darüber hinaus meine Mobilität und mentale Stabilität zurück gegeben.
Ich habe ein Vertrauen entwickelt, komplett regenerieren zu können, und den Willen, alles
dafür zu tun, was mir aus eigener Kraft möglich ist.
